Freitag, 9. August 2019

Mein Ehrenamt Teil 1 - Proud to be Malteser


Hallo zusammen.

Nachdem es aus verschiedenen Gründen eine Weile still war, geht es jetzt mit einer kleinen Serie zum Thema Ehrenamt weiter. Dabei möchte ich euch vorstellen, was ich in meinem bisherigen Leben schon alles mitgemacht habe.
Los geht es heute mit einem Ehrenamt, welches derzeit einen Großteil meines Alltags prägt und mir in der kurzen Zeit, die ich dabei bin, sehr ans Herz gewachsen ist.

Schon mit Beginn des Medizinstudiums wurde immer deutlicher, dass mir die ehrenamtliche Arbeit fehlte. Also habe ich mich auf die Suche gemacht und im Januar diesen Jahres gefunden, wonach ich suchte.
Schon auf Facebook hatte ich diese eine Anzeige gesehen, auf der eine meiner Kommilitoninnen zu sehen war, außerdem hatte ich mir auf dem letzten Stadtfest bereits einen Flyer besorgt. Nach einiger Zeit an Google-Recherche war mir dann klar: Ich möchte Teil der Malteser werden, einer Hilfsorganisation, die ihr bestimmt schon das ein oder andere Mal als Rettungsdienst erlebt habt.
Einige von euch kennen vielleicht auch die Sanitätsdienste diverser Hilfsorganisationen, die auf Großveranstaltungen in Erscheinung treten.
Bei uns heißt das Ganze „Einsatzdienste“, das heißt, wir sind (normalerweise) nicht an der sogenannten Regelrettung, die euch auf der Straße mit Blaulicht und Martinshorn begegnet, beteiligt. Stattdessen findet ihr uns auf Veranstaltungen aller Art, auf denen es einer medizinischen Absicherung bedarf. Wir betreuen die Menschen vor Ort und organisieren, wenn notwendig, einen Transport ins Krankenhaus.
Vor allem die Bandbreite an Veranstaltungen, auf denen einem natürlich auch die unterschiedlichsten Patienten begegnen, faszinierten mich schon vom ersten Moment an, in dem ich von dieser Arbeit erfuhr.

So saß ich Anfang Januar im Büro des Chefs und stellte mich vor. Und schon kurz darauf hielt ich die Unterlagen in der Hand, die mich durch die erste Zeit begleiten sollten, darunter Laufzettel und Checklisten, was ich mir alles anschauen sollte. Und auch der erste Einsatz ließ nicht lange auf sich warten.
Wenige Wochen nach der Kontaktaufnahme stand ich, mit Einsatzkleidung und den ersten Einführungen in die Materialien ausgestattet, in der Eishalle und sah das erste Eishockeyspiel meines Lebens. Ich weiß nicht genau, wann, aber im Laufe des Abends hat es mich dann gepackt. Und damit meine ich nicht nur, dass ich seit dem großer Fan unserer Eishockeymannschaft bin, wie euch meine Familie bestätigen wird. Nein, ich wusste: Hier bin ich richtig! In diesem Team, das mich sofort aufgenommen hat und in dem die Arbeit schon von Anfang an Spaß macht.
Es folgten noch einige Einsätze beim Eishockey (zurzeit ist da ja leider noch Sommerpause…) und spätestens seit Ende meines Studiums verbringe ich gefühlt mehr Zeit auf Absicherungen als zu Hause. Dabei geht es nicht nur um Sportveranstaltungen. Gerade im Sommer ist der Terminkalender bunt gefüllt: Konzerte, Messen, Filmnächte, Firmenfeiern, Kinderfeste usw. An manchen Tagen fällt es wirklich schwer, sich zu entscheiden. Und an anderen möchte man eigentlich nur ganz entspannt zu Hause sitzen und nichts tun – bis dann plötzlich der Anruf kommt, ob man denn nicht vielleicht doch… Und eine halbe Stunde später ist man auf dem Weg, um die die halbe Nacht auf einer Veranstaltung zu sitzen und für die medizinische Sicherheit der Besucher zu sorgen.

Für viele mag das wohl abschreckend sein. Und ja, unsere Arbeitszeiten sind manchmal abenteuerlich, da steht man (freiwillig!) am Sonntag um 6 Uhr auf oder schlägt sich die Nächte bis 3 Uhr um die Ohren, obwohl man am nächsten Tag um 8 oder 9 Uhr schon wieder auf der Matte stehen sollte. Und ja, manchmal verfluche ich mich selbst dafür, dass ich nicht „Nein“ sagen kann und dann die ganze Woche nur stundenweise in meiner Wohnung bin. Manchmal steht man auch auf Veranstaltungen und fragt sich, warum man sich das antut, weil die Musik überhaupt nicht dem eigenen Geschmack entspricht.
Aber irgendwie liegt genau darin auch ein großer Reiz. Man weiß nie so genau, was einen erwartet, auf welche Menschen und Situationen man treffen wird. An manchen Tagen sehen wir nicht einen Patienten und an anderen kommen wir kaum zu Atem, da geht es Schlag auf Schlag. Doch gerade in diesen Situationen lernt man sich selbst kennen, lotet seine Grenzen aus – sowohl körperlich als auch im medizinischen Know-how – und lernt unglaublich viel dazu.

Genau das ist ein weiterer Aspekt, der mir so gefällt. Die Helfer kommen aus den verschiedensten Hintergründen und bei weitem nicht jeder hat einen Beruf im Gesundheitssystem. Jeder bringt unterschiedliche Qualifikationen mit, doch wir alle können voneinander lernen. Vielleicht ist nicht jeder Profi darin, ein EKG zu kleben und auszuwerten, kann dafür aber wunderbar eine Verbindung zu den Patienten aufbauen und schafft es, die psychologische Unterstützung in solch einer Ausnahmesituation zu leisten. Jeder Einzelne bringt etwas mit.
Für mich, die längere Zeit in der Filterblase der Medizinstudenten gelebt hat, ist das umso wertvoller. Ich liebe es, mit neuen Menschen in Kontakt zu kommen. Und es gibt wohl kaum eine Situation, in der man sich schneller und besser kennenlernt, als nach den Stunden, die man zusammen im Rettungswagen gesessen und gearbeitet hat.
Natürlich verstehe auch ich mich nicht mit allen gleich gut. Es gibt immer Menschen, auf die man trifft und mit denen es einfach nicht klappt, eine gute Beziehung aufzubauen. Aber ich fühle mich inzwischen zu alt dafür, jedem alles recht machen zu wollen. Und dann bleibt es eben bei einer losen, professionellen Zusammenarbeit, ich muss ja nicht mit jedem dick befreundet sein.
Und auf der anderen Seite gibt es auch immer wieder Kollegen, mit denen auch das merkwürdigste Konzert und die längste Nacht unglaublich viel Spaß machen. Es ist Wahnsinn, dass sich in dieser kurzen Zeit schon die ein oder andere Freundschaft entwickelt hat und ich bin so dankbar dafür, das erleben zu dürfen.

Ich weiß, dass ich ab September, wenn ich meine Stelle in der Klinik antrete, nicht mehr so viel Zeit für diese Arbeit haben werde, wie bisher. Und doch hoffe ich, so viel wie möglich mitmachen zu können. Es ist immer wieder ein Balanceakt, Arbeit, Ehrenamt, Familie und Freunde unter einen Hut zu kriegen. Wahrscheinlich muss ich dann wirklich lernen, öfter Nein zu sagen. Aber ich bin zuversichtlich, dass ich auch das hinbekommen werde.